Führung in agilen Engineering-Teams
Dieser Artikel ist spezifisch für Agile Teams in der Softwareentwicklung, insbesondere in der digitalen Produktentwicklung. In einem weiteren Artikel geht es um das Idealbild des Agilen Teams, Agile Leadership gegenübergestellt mit Linienführung, Servant Leadership und Individualkompetenzen.
Führungsrollen in agilen Teams
Scrum ist als Agiles Framework in der Softwareentwicklung weit verbreitet. Scrum definiert zwei herausgehobene Rollen:
- Product Owner haben die fachliche Verantwortung für das Produkt
- Scrum Master haben die Verantwortung für die Effektivität des Teams
Teammitglieder in Scrum-Teams haben fast immer die Erwartung, dass dies Führungsrollen sind.
Fachliche Führung ist in der Agilen Welt wichtig, weil das Team selbst entscheidet, welche Aufgaben es übernimmt und wie es diese Aufgaben löst. Die fachliche Führung kann dem Team helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Aufgaben effektiv zu lösen.
Die Rolle des Scrum Masters ist auf den ersten Blick ein Gegenentwurf zu klassischen Führungsrollen. Es gibt Scrum Master, die es als ihre Hauptaufgabe sehen, die klassische Führung zu ersetzen. Das ist nicht der richtige Weg. Der Scrum Master führt den Prozess als Coach und achtet darauf, dass Prozessveränderungen organisch im Team entstehen. Der Scrum Master führt den Prozess.
Zusätzlich zur fachlichen Führung und zur Prozessführung ist technologische Führung wichtig. Welche Werkzeuge werden eingesetzt? Wie werden die Werkzeuge kombiniert? Die Technologische Führung hilft dem Team, die richtige Auswahl zu treffen, an den richtigen Stellen zu experimentieren und die Ergebnisse sicher produktiv einzusetzen.
Darüber hinaus gibt es klassische Aufgaben der Linienführung: Onboardings und Offboardings müssen organisiert werden, Teams müssen koordiniert werden, menschliche Konflikte sind zu schlichten, OKRs oder andere Methoden der Zielvereinbarung sind zu definieren. Hier gibt es meist eine Arbeitsteilung zwischen Personalabteilung, Senior Leadership und den Führungsrollen in den Teams.
Eigenverantwortung, Selbstverpflichtung, Transparenz und Vertrauen
Agiles Arbeiten ist ein Tauschgeschäft mit hohem Einsatz. Agile Teams bekommen von ihrer Organisation – von anderen Teams und der Unternehmensführung – die Freiheit, autonom und selbstorganisiert zu arbeiten. Die Organisation stellt dem Team alle Ressourcen zur Verfügung, die es zur Erreichung seiner Ziele braucht.
Im Gegenzug setzt sich das Team Ziele und verpflichtet sich darauf, diese Ziele regelmäßig zu erreichen. Das Team macht seine Arbeit vollständig transparent.
Eigenverantwortung und Selbstorganisation können bei unpassender Führung Werkzeuge zur Selbstausbeutung sein. Die regelmäßigen Iterationen von Scrum lassen ohne aktives Gegensteuern wenig Atempausen. Der nie endende Strom von User Stories / Tickets / Backlog Items in Kanban und Scrum kann dazu führen, dass Teammitglieder ihre persönliche Weiterbildung und Weiterentwicklung vernachlässigen – immer wartet eine Aufgabe darauf, erledigt zu werden.
Die Führungskräfte einer Organisation müssen Agilen Teams ein Maß an Vertrauen geben, das weit über die klassische Delegation hinausgeht. Zielvorgaben der Führungskräfte laufen wie alle anderen Ideen durch Abstimmungsprozesse, die endlos erscheinen können und in denen die Vorgaben deutlich verändert werden können.
Agiles Vorgehen hat sich in unzähligen Softwareentwicklungsprojekten und weit darüber hinaus bewährt. Agile Teams profitieren von bewusster und selbstreflektiver Führung.
Agiles Arbeiten ist ein Tauschgeschäft mit hohem Einsatz. Eigenverantwortung und Vertrauen einerseits werden gegen Selbstverpflichtung und hohe Transparenz andererseits getauscht.